Die 6 Steuerklassen im Überblick
In Deutschland gibt es sechs verschiedene Lohnsteuerklassen, die bestimmen, wie viel Lohnsteuer monatlich von Ihrem Gehalt einbehalten wird. Die Zuordnung erfolgt automatisch basierend auf Ihrem Familienstand, kann aber in bestimmten Fällen optimiert werden.
Steuerklasse I (1)
Für wen?
- Ledige Arbeitnehmer
- Geschiedene Arbeitnehmer
- Verwitwete Arbeitnehmer (ab dem übernächsten Jahr nach dem Tod des Partners)
- Verheiratete, deren Partner im Ausland lebt
Merkmale
Die Steuerklasse I ist die häufigste Steuerklasse in Deutschland. Sie bietet den Grundfreibetrag von 11.604 € (2024) sowie den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.230 €.
Freibeträge 2024
- Grundfreibetrag: 11.604 €
- Arbeitnehmerpauschbetrag: 1.230 €
- Sonderausgabenpauschbetrag: 36 €
- Vorsorgepauschale: abhängig vom Bruttoeinkommen
Steuerklasse II (2)
Für wen?
- Alleinerziehende mit mindestens einem Kind
- Das Kind muss im Haushalt leben
- Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag
Merkmale
Zusätzlich zu den Freibeträgen der Steuerklasse I gibt es den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende.
Freibeträge 2024
- Alle Freibeträge der Steuerklasse I
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: 4.260 €
- Zusätzlich 240 € für jedes weitere Kind
Beantragung
Die Steuerklasse II muss beim Finanzamt beantragt werden. Sie wird nicht automatisch vergeben.
Steuerklasse III (3)
Für wen?
- Verheiratete, wenn der Partner Steuerklasse V hat
- Verheiratete, wenn der Partner nicht arbeitet
- Verwitwete im Jahr des Todes und im Folgejahr
Merkmale
Die Steuerklasse III bietet die höchsten Freibeträge und damit das höchste Nettogehalt. Sie ist besonders vorteilhaft, wenn ein Partner deutlich mehr verdient als der andere.
Freibeträge 2024
- Doppelter Grundfreibetrag: 23.208 €
- Arbeitnehmerpauschbetrag: 1.230 €
- Sonderausgabenpauschbetrag: 36 €
- Vorsorgepauschale: abhängig vom Bruttoeinkommen
Wichtig
Die Kombination III/V führt oft zu Steuernachzahlungen in der Jahressteuererklärung, wenn die Einkommensverteilung nicht optimal ist.
Steuerklasse IV (4)
Für wen?
- Verheiratete Paare mit ähnlichem Einkommen
- Beide Partner sind berufstätig
- Standard-Steuerklasse für Verheiratete
Merkmale
Beide Partner werden wie in Steuerklasse I besteuert. Diese Kombination ist fair, wenn beide Partner ungefähr gleich viel verdienen.
Freibeträge 2024
- Grundfreibetrag: 11.604 €
- Arbeitnehmerpauschbetrag: 1.230 €
- Sonderausgabenpauschbetrag: 36 €
- Vorsorgepauschale: abhängig vom Bruttoeinkommen
Faktorverfahren
Seit 2010 gibt es das Faktorverfahren als Alternative. Dabei wird ein individueller Faktor berechnet, der zu einer gerechteren Steuerverteilung führt.
Steuerklasse V (5)
Für wen?
- Verheiratete, wenn der Partner Steuerklasse III hat
- Meist der Partner mit dem geringeren Einkommen
Merkmale
Die Steuerklasse V hat die geringsten Freibeträge und führt zu den höchsten Steuerabzügen. Sie wird in Kombination mit Steuerklasse III gewählt.
Freibeträge 2024
- Arbeitnehmerpauschbetrag: 1.230 €
- Sonderausgabenpauschbetrag: 36 €
- Vorsorgepauschale: abhängig vom Bruttoeinkommen
- KEIN Grundfreibetrag (wird beim Partner in Klasse III berücksichtigt)
Achtung
Das Nettogehalt in Steuerklasse V ist deutlich niedriger. Eine Steuererklärung ist bei dieser Kombination Pflicht.
Steuerklasse VI (6)
Für wen?
- Arbeitnehmer mit mehreren Jobs
- Gilt für den zweiten und jeden weiteren Arbeitgeber
Merkmale
Die Steuerklasse VI hat keine Freibeträge und führt zu den höchsten Steuerabzügen. Sie wird automatisch vergeben, wenn Sie mehrere Arbeitsverhältnisse haben.
Freibeträge 2024
- Keine Freibeträge
- Höchste Steuerbelastung
Wichtig
Für den ersten Job gilt Ihre reguläre Steuerklasse (I-V). Nur zusätzliche Jobs werden mit Steuerklasse VI besteuert. Eine Steuererklärung führt meist zu einer Rückerstattung.
Steuerklassenwechsel: Wann und wie?
Wann ist ein Wechsel sinnvoll?
Ein Steuerklassenwechsel kann in folgenden Situationen vorteilhaft sein:
- Heirat: Automatischer Wechsel zu IV/IV, Optimierung durch III/V möglich
- Geburt eines Kindes: Alleinerziehende können zu Steuerklasse II wechseln
- Einkommensänderung: Bei deutlichen Gehaltsunterschieden in der Ehe
- Arbeitslosigkeit: Wechsel zu III kann Arbeitslosengeld erhöhen
- Elternzeit: Wechsel vor Elternzeit kann Elterngeld erhöhen
- Scheidung: Automatischer Wechsel zurück zu Steuerklasse I
Wie funktioniert der Wechsel?
Der Steuerklassenwechsel erfolgt über das Finanzamt:
- Antrag stellen: Formular "Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten" ausfüllen
- Unterlagen einreichen: Beim zuständigen Finanzamt einreichen
- Bearbeitungszeit: Meist 2-4 Wochen
- Mitteilung an Arbeitgeber: Erfolgt automatisch über ELStAM
Häufigkeit des Wechsels
Seit 2020 können Ehepaare ihre Steuerklasse mehrmals im Jahr wechseln. Früher war nur ein Wechsel pro Jahr möglich.
Steuerklasse III/V vs. IV/IV: Was ist besser?
Kombination III/V
Vorteile:
- Höheres monatliches Netto beim Besserverdiener
- Mehr Liquidität während des Jahres
- Vorteilhaft bei Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld, Elterngeld)
Nachteile:
- Oft Steuernachzahlung bei Jahressteuererklärung
- Steuererklärung ist Pflicht
- Partner in Klasse V hat sehr niedriges Netto
Kombination IV/IV
Vorteile:
- Faire Verteilung der Steuerlast
- Meist keine Nachzahlung
- Keine Pflicht zur Steuererklärung
Nachteile:
- Weniger monatliches Netto als bei III/V
- Keine Optimierung bei unterschiedlichen Einkommen
Faktorverfahren: Die faire Alternative
Das Faktorverfahren (IV mit Faktor) kombiniert die Vorteile beider Systeme:
- Gerechtere Verteilung der Steuerlast als bei III/V
- Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommensverhältnisses
- Meist keine oder nur geringe Nachzahlung
- Beide Partner behalten mehr Netto als bei IV/IV
Rechenbeispiel: Steuerklassenwahl bei Ehepaaren
Ausgangssituation:
- Partner A: 60.000 € Brutto/Jahr
- Partner B: 30.000 € Brutto/Jahr
- Gesamt: 90.000 € Brutto/Jahr
Variante 1: IV/IV
- Partner A Netto: ca. 38.400 €/Jahr
- Partner B Netto: ca. 21.600 €/Jahr
- Gesamt Netto: ca. 60.000 €/Jahr
- Nachzahlung: ca. 0 €
Variante 2: III/V
- Partner A Netto: ca. 42.000 €/Jahr
- Partner B Netto: ca. 16.800 €/Jahr
- Gesamt Netto: ca. 58.800 €/Jahr
- Nachzahlung: ca. 1.200 €
Fazit: Bei IV/IV haben Sie während des Jahres weniger Netto, müssen aber nichts nachzahlen. Bei III/V haben Sie mehr monatliches Geld zur Verfügung, müssen aber mit einer Nachzahlung rechnen.
Häufig gestellte Fragen zu Steuerklassen
Kann ich meine Steuerklasse selbst wählen?
Teilweise. Ledige und Geschiedene haben keine Wahl und werden automatisch in Steuerklasse I eingestuft. Verheiratete können zwischen den Kombinationen IV/IV, III/V oder IV mit Faktor wählen. Alleinerziehende können Steuerklasse II beantragen.
Wie oft kann ich die Steuerklasse wechseln?
Seit 2020 können Ehepaare ihre Steuerklasse mehrmals im Jahr wechseln. Es gibt keine Begrenzung mehr auf einen Wechsel pro Jahr.
Muss ich bei Steuerklasse III/V eine Steuererklärung abgeben?
Ja, bei der Kombination III/V ist die Abgabe einer Steuererklärung verpflichtend. Bei IV/IV ist sie freiwillig, kann sich aber lohnen.
Welche Steuerklasse ist die beste?
Das hängt von Ihrer individuellen Situation ab. Für Verheiratete mit ähnlichem Einkommen ist IV/IV oder das Faktorverfahren meist optimal. Bei großen Einkommensunterschieden kann III/V vorteilhaft sein, besonders wenn Lohnersatzleistungen anstehen.
Was passiert mit meiner Steuerklasse bei Scheidung?
Im Jahr der Trennung können Sie noch die bisherige Steuerklasse behalten. Ab dem Folgejahr werden Sie automatisch in Steuerklasse I eingestuft (oder II, wenn Sie alleinerziehend sind).
Beeinflusst die Steuerklasse meine Jahressteuerlast?
Nein, die Steuerklasse beeinflusst nur die monatlichen Vorauszahlungen. Die tatsächliche Steuerlast wird durch die Jahressteuererklärung ermittelt und ist unabhängig von der Steuerklasse.