Die vier Säulen der Sozialversicherung
Das deutsche Sozialversicherungssystem besteht aus vier Hauptzweigen, die Arbeitnehmer gegen verschiedene Lebensrisiken absichern. Die Beiträge werden grundsätzlich je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen.
Krankenversicherung
Absicherung bei Krankheit und medizinischer Versorgung
Rentenversicherung
Altersvorsorge und Absicherung bei Erwerbsminderung
Pflegeversicherung
Absicherung bei Pflegebedürftigkeit
Arbeitslosenversicherung
Absicherung bei Arbeitslosigkeit
Aktuelle Beitragssätze 2024
1. Krankenversicherung (GKV)
Gesamtbeitrag: 14,6% + kassenindividueller Zusatzbeitrag
- Arbeitnehmeranteil: 7,3% + halber Zusatzbeitrag (durchschnittlich 0,85%)
- Arbeitgeberanteil: 7,3% + halber Zusatzbeitrag
- Durchschnittlicher Gesamtbeitrag: ca. 16,3%
- Arbeitnehmer zahlt: ca. 8,15%
Beitragsbemessungsgrenze 2024
Die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 5.175 € monatlich (62.100 € jährlich). Einkommen oberhalb dieser Grenze wird nicht zur Beitragsberechnung herangezogen.
Versicherungspflichtgrenze 2024
Die Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) beträgt 69.300 €. Ab diesem Einkommen können Sie in die private Krankenversicherung wechseln.
2. Rentenversicherung
Gesamtbeitrag: 18,6%
- Arbeitnehmeranteil: 9,3%
- Arbeitgeberanteil: 9,3%
Beitragsbemessungsgrenze 2024
- Alte Bundesländer: 7.550 € monatlich (90.600 € jährlich)
- Neue Bundesländer: 7.450 € monatlich (89.400 € jährlich)
Was bringt mir die Rentenversicherung?
- Altersrente
- Erwerbsminderungsrente
- Hinterbliebenenrente (Witwen-/Waisenrente)
- Rehabilitation
3. Pflegeversicherung
Gesamtbeitrag: 3,4% (bzw. 4,0% für Kinderlose ab 23 Jahren)
- Arbeitnehmeranteil: 1,7% (bzw. 2,0% für Kinderlose)
- Arbeitgeberanteil: 1,7%
- Zusatzbeitrag Kinderlose: 0,6% (wird allein vom Arbeitnehmer getragen)
Ausnahme Sachsen
In Sachsen gilt eine Sonderregelung:
- Arbeitnehmeranteil: 2,2% (bzw. 2,5% für Kinderlose)
- Arbeitgeberanteil: 1,2%
Wer zahlt den Zusatzbeitrag?
Kinderlose Versicherte ab 23 Jahren zahlen einen Zusatzbeitrag von 0,6%. Dieser wird vollständig vom Arbeitnehmer getragen. Ausgenommen sind:
- Personen vor Vollendung des 23. Lebensjahres
- Personen, die vor dem 1. Januar 1940 geboren sind
- Eltern, deren Kinder vor dem 1. Januar 1940 geboren sind
- Wehr- und Zivildienstleistende
4. Arbeitslosenversicherung
Gesamtbeitrag: 2,6%
- Arbeitnehmeranteil: 1,3%
- Arbeitgeberanteil: 1,3%
Beitragsbemessungsgrenze 2024
- Alte Bundesländer: 7.550 € monatlich (90.600 € jährlich)
- Neue Bundesländer: 7.450 € monatlich (89.400 € jährlich)
Leistungen der Arbeitslosenversicherung
- Arbeitslosengeld I (60% bzw. 67% des letzten Nettogehalts)
- Vermittlung in Arbeit
- Förderung der Weiterbildung
- Kurzarbeitergeld
- Insolvenzgeld
Rechenbeispiele Sozialversicherung 2024
Beispiel 1: Lediger Arbeitnehmer ohne Kinder
Bruttogehalt: 3.500 € monatlich
| Versicherung | Beitragssatz AN | Beitrag |
|---|---|---|
| Krankenversicherung | 8,15% | 285,25 € |
| Rentenversicherung | 9,3% | 325,50 € |
| Pflegeversicherung | 2,0% | 70,00 € |
| Arbeitslosenversicherung | 1,3% | 45,50 € |
| Gesamt | 20,75% | 726,25 € |
Beispiel 2: Verheirateter Arbeitnehmer mit 2 Kindern
Bruttogehalt: 5.000 € monatlich
| Versicherung | Beitragssatz AN | Beitrag |
|---|---|---|
| Krankenversicherung | 8,15% | 407,50 € |
| Rentenversicherung | 9,3% | 465,00 € |
| Pflegeversicherung | 1,7% | 85,00 € |
| Arbeitslosenversicherung | 1,3% | 65,00 € |
| Gesamt | 20,45% | 1.022,50 € |
Private vs. Gesetzliche Krankenversicherung
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Vorteile:
- Beiträge abhängig vom Einkommen (Solidarprinzip)
- Kostenlose Familienversicherung für Ehepartner und Kinder
- Keine Gesundheitsprüfung
- Umfassender Leistungskatalog
- Beiträge steigen nicht mit dem Alter
Nachteile:
- Standardleistungen (keine Chefarztbehandlung)
- Wartezeiten bei Fachärzten
- Beiträge können durch Zusatzbeiträge steigen
Private Krankenversicherung (PKV)
Vorteile:
- Individueller Leistungsumfang wählbar
- Bevorzugte Behandlung (Chefarzt, Einzelzimmer)
- Kürzere Wartezeiten
- Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit möglich
- Für junge, gesunde Gutverdiener oft günstiger
Nachteile:
- Beiträge steigen mit dem Alter
- Jedes Familienmitglied muss einzeln versichert werden
- Gesundheitsprüfung erforderlich
- Rückkehr in GKV oft schwierig
- Vorleistung bei Behandlungen
Wann lohnt sich die PKV?
Die private Krankenversicherung kann sich lohnen für:
- Junge, gesunde Gutverdiener ohne Kinder
- Selbstständige und Freiberufler
- Beamte (erhalten Beihilfe)
- Personen, die Wert auf Zusatzleistungen legen
Weniger empfehlenswert für:
- Familien mit Kindern (keine kostenlose Familienversicherung)
- Personen mit Vorerkrankungen
- Ältere Arbeitnehmer
- Personen mit unsicherem Einkommen
Häufig gestellte Fragen
Was passiert, wenn ich über der Beitragsbemessungsgrenze verdiene?
Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze wird nicht zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge herangezogen. Sie zahlen also maximal den Beitrag, der sich aus der Beitragsbemessungsgrenze ergibt, auch wenn Sie mehr verdienen.
Kann ich von der Rentenversicherungspflicht befreit werden?
In bestimmten Fällen ja, z.B. als Beamter, Richter oder bei Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten etc.).
Zahlt mein Arbeitgeber wirklich die Hälfte?
Ja, bei allen vier Sozialversicherungszweigen trägt der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge. Ausnahme: Der Zusatzbeitrag für Kinderlose in der Pflegeversicherung wird allein vom Arbeitnehmer getragen.
Was ist der Unterschied zwischen Beitragsbemessungsgrenze und Versicherungspflichtgrenze?
Die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt das Einkommen, von dem Sozialversicherungsbeiträge berechnet werden. Die Versicherungspflichtgrenze (nur in der Krankenversicherung) ist die Einkommensgrenze, ab der Sie in die PKV wechseln können.
Bekomme ich meine Sozialversicherungsbeiträge zurück?
Nein, die Beiträge werden nicht zurückgezahlt. Sie erwerben damit Ansprüche auf Leistungen (Rente, Krankenbehandlung, Arbeitslosengeld, Pflegeleistungen). Die Sozialversicherung funktioniert nach dem Solidarprinzip und dem Generationenvertrag.